Die Verletzung des vorderen Kreuzbandes (VKB) gehört zu den häufigsten, leider auch zu den schwersten Verletzungen des Kniegelenks. Pro Jahr ereignet sich ca. ein Kreuzbandriss pro 1000 Personen. Die Zahl der Kreuzbandrisse ist wegen der zunehmenden sportlichen Aktivität in allen Altersgruppen steigend.

Das vordere Kreuzband bildet zusammen mit dem hinteren Kreuzband den sogenannten Zentralpfeiler des Kniegelenks. Beide Bänder sind für die komplexe Funktion des Kniegelenks und auch dessen Stabilität hauptverantwortlich. Die zwei Bänder kreuzen sich im Zentrum des Kniegelenks und verbinden den Oberschenkel mit dem Unterschenkel. Eine hohe Belastung des

Kniegelenks (Fußball, Tennis, Squash, Skifahren etc.) ist meistens nur bei einwandfreier Funktion beider Kreuzbänder möglich.

Typische Symptome bei einem Kreuzbandriss

Während des Unfalls spürt der Patient meist ein Zerreißen oder hört einen Knall im Kniegelenk. Es folgt, meist eine rasch auftretende Schwellung (Einblutung) mit deutlichen Schmerzen und einer Bewegungs- und Belastungseinschränkung. Nachdem die akuten Schmerzen abgeklungen sind, tritt ein unangenehmes Instabilitätsgefühl mit gelegentlich auftretenden Aushängesymptomen («Giving-away») auf.

Ursache

Der häufigste Verletzungsmechanismus für einen Kreuzbandriss ist die Kombination aus Verdrehen und Einknicken (X-Beinstellung), selten auch Überstrecken des Kniegelenks. Häufig kommt es dabei zu Begleitverletzungen z. B. des Innenbandes respektive des Innenmeniskus (sogenannte «unhappy triad»). Im Erwachsenenalter sind dies meist Risse im Bandverlauf. Im Kindesalter kommt es oft zu einem knöchernen Ausriss im Bereich des Schienbeinkopfs, d. h. der starke Zug auf dem Band reißt ein Knochenfragment heraus.

Diagnose

Untersuchung bei Verdacht auf Kreuzbandriss

Der Arzt befragt den Patienten zu den aktuellen Beschwerden und dem Unfallmechanismus. Danach folgt eine gründliche klinische Untersuchung des Kniegelenks, wobei der Vergleich mit der gesunden Gegenseite wichtig ist. Weiterer Teil der Untersuchung ist die Röntgenabklärung des Kniegelenks, um eine Begleitverletzung des Knochens auszuschließen. Meist sichert ein MRI die Diagnose und schließt wichtige Begleitverletzungen (Seitenbänder, Knorpel, Menisken) aus (Abb. 2). Bei ausgeprägter Kniegelenkschwellung ist gelegentlich eine schmerzlindernde Entlastungspunktion des Kniegelenks notwendig.

Konservative Behandlung

Die Entscheidung, ob ein Kreuzband operiert wird oder nicht, ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig und muss mit dem Patienten im Detail besprochen werden.

Begleitverletzungen wie ein eingeklemmter Meniskus oder zusätzliche Bandverletzungen zwingen gelegentlich zum raschen operativen Vorgehen. Bei sportlich sehr aktiven Patienten (insbesondere Kontaktsportarten) ist eine Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes meist unumgänglich.

Weniger aktive Personen können bei gutem Verlauf auch ohne Operation, wieder eine sehr gute Kniegelenkfunktion und sportliche Betätigung auch ohne intaktes vorderes Kreuzband erreichen. Dies bedingt ein intensives Physiotherapieprogramm. Zusätzliche Entscheidungskriterien für oder gegen eine Operation können sein: Alter des Patienten, berufliche Anforderungen, Vorschädigung des Kniegelenks (Arthrose) oder muskuläre Kompensationsmöglichkeiten.

Operative Behandlung

Der Operationszeitpunkt muss individuell mit dem Patienten bestimmt werden. Bei sehr aktiven Patienten/Sportlern und oder einer operationswürdigen Begleitverletzung wird der Eingriff innerhalb wenigen Tagen oder Wochen durchgeführt. Kann zugewartet werden, lassen wir den Patienten (und somit das Knie) sich zuerst einige Wochen von der Verletzung erholen. Währenddessen braucht es aber bereits eine Physiotherapie. Erst wenn eine weitgehend normale Kniegelenksbeweglichkeit erreicht worden ist, planen wir die Operation. Dies kann durchaus 2-4 Monate Zeit in Anspruch nehmen.

Der Hauptteil der Kreuzbandoperation wird arthroskopisch durchgeführt, das heißt über kleinste Schnitte (Kniegelenksspiegelung). In den meisten Fällen benützen wir als Kreuzbandtransplantat die Hamstring-Sehnen (von der Oberschenkelrückseite). Alternativen sind die Quadrizepssehne (Oberschenkelvorderseite oberhalb der Kniescheibe) Patellarsehne (unterhalb der Kniescheibe). In äusserst seltenen Fällen braucht man für die Rekonstruktion des Kreuzbandes eine Spendersehne (Allograft). Die Wahl der Sehne wird mit dem Patienten präoperativ besprochen und auf die Bedürfnisse angepasst.

Nachbehandlung und Rehabilitation

Während der ersten zwei Wochen nach einer Kreuzbandoperation sollte konsequent eine entzündungshemmende Therapie durchgeführt werden (Medikamente und lokale Kühlung). Währenddessen ist auch eine Teilbelastung notwendig. Der Aktivitätsgrad sollte relativ tief gehalten werden.

Die Rehabilitation erfolgt frühfunktionell, das heißt ohne Ruhigstellung und mit intensiver ambulanter Physiotherapie. Eine Schiene ist meist notwendig; dies wird individuell je nach Begleitverletzung entschieden. Bis zur aktiven muskulären Stabilisierung des Kniegelenks muss der Patient an Stöcken gehen (ca. drei bis sechs Wochen); in dieser Phase ist das Autofahren aus versicherungsrechtlichen Gründen nicht erlaubt.  

Nach ca. 3 Wochen darf der Patient die Belastung steigern. Dies wird durch die behandelnden Physiotherapeuten begleitet. Wichtig ist eine gut funktionierende aktive muskuläre Stabilisierung und eine volle Streckung des Kniegelenkes, dann können die Gehstöcke weggelassen werden. Während der Teilentlastung ist eine Thromboseprophylaxe nötig.

Kontrollierte Sportarten wie Fahrradfahren und Krafttraining sind nach ca. 3 Monaten möglich. Jogging je nach Verlauf ebenfalls nach 3-4 Monaten. Kontaktsportarten wie Fußball, Handball und auch Skifahren sind in der Regel erst nach 9 Monaten wieder erlaubt. Die Freigabe erfolgt immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt, den Physiotherapeuten und auf Basis der durchgeführten Knietestungen.

Die Arbeitsunfähigkeit in einem sitzenden Beruf beträgt ca. 14 Tage. In einer körperlich belastenden Tätigkeit kann diese allerdings bis zu 3 Monate gehen.

Reha-Schema nach VKB –Ersatz

  • 3 Wochen Teilbelastung, danach Belastungsaufbau
  • Orthese 3 Wochen 0-0-90
  • 3 Wochen Orthese in freier Beugung 0-0-frei
  • Sport (Joggen, Fahrrad, Schwimmen) nach Reha
  • Ambulante Reha Maßnahme ab der 4-7. Woche
  • „pivotierende“ Sportarten nach 12 Monaten
  • Aufnahme der Wettkampffähigkeit nach Stabilitätsprüfung beim Sportarzt / Physiotherapeuten

Erfolgschancen

Der Kreuzbandersatz ist eine sehr häufig durchgeführte Operation, wobei wir eine Erfolgsrate von über 90 % erreichen. Der Erfolg hängt allerdings nicht nur mit der Operation zusammen. Auch die Nachbehandlung mit der Physiotherapie und das Krafttraining in eigener Regie sind ebenfalls sehr wichtige Erfolgsfaktoren. Nach einer konsequenten Rehabilitation über einen Zeitraum von 6-9 Monaten kann die vor dem Unfall ausgeübte Sportart meistens auch wieder durchgeführt werden kann.

Risiken und Komplikationen einer Kreuzbandoperation

Alle chirurgischen Interventionen beinhalten leider auch gewisse Risiken für den Patienten. Insbesondere eine postoperative Nachblutung oder auch das Auftreten eines Infekts können unter Umständen einen erneuten operativen Eingriff erfordern. Auch kann in seltenen Fällen nach dem vorderen Kreuzbandersatz eine störende Bewegungseinschränkung des Kniegelenks auftreten. Eine erneute Instabilität infolge einer Überdehnung des Transplantats oder ein Riss aufgrund eines neuen Unfalles ist zudem nicht ausgeschlossen.

Manchmal zeigt sich nach der Kreuzbandoperation eine verminderte Sensibilität der Haut auf der Außenseite der Narbe. Diese kann vorübergehend, in manchen Fällen aber auch dauerhaft sein.

Ligamys

Ligamys ist eine Behandlungsmethode für frische Rupturen des vorderen Kreuzbandes, wobei das eigene Kreuzband erhalten wird. Mittels Implantat wird das verletzte Knie dynamisch stabilisiert, wodurch das gerissene Kreuzband wieder zusammenwächst  und seine Funktionsfähigkeit  zurückgewinnt.

Das Ligamys-Implantat besteht aus einem Faden und einem Monoblock: Der Polyethylen-Faden wird mittels Flipanker im Oberschenkelknochen befestigt und entlang der verletzten Bandstruktur durch das Gelenk zur Tibia geführt.

Dort wird der Faden unter vordefinierter Spannung im Federsystem fixiert, welches im Monoblock verankert ist. So entsteht eine dynamische Verbindung zwischen Femur und Tibia, welche das Gelenk stabilisiert und das verletzte Kreuzband entlastet. Letzteres kann wieder zusammenwachsen, während das Federsystem die Kniestabilität in jeder Bewegungsphase sicherstellt.

Aufgrund des abnehmenden Heilungspotenzials muss Ligamys innerhalb von 21 Tagen nach dem Riss eingesetzt werden.

Grenzen der Methode

  • Kleines Zeitfenster: innerhalb 21 Tagen nach dem Riss
  • Nicht bei allen Kreuzbandrissen geeignet. Dies entscheidet sich zu Operationsbeginn. Ist der Einsatz des Ligamys-Implantats nicht möglich, erfolgt eine herkömmliche Kreuzbandrekonstruktion
  • Allgemeine Operationsrisiken

Ich bin Zuweiser und möchte einen Patienten anmelden.
E-Mail schreiben: chirurgische.klinik@marienhospital-buer.de
Tel. Ambulanz: +49 209 364-3353

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